Auf ein Wort mit dem Vorstand der Hirzbacher Kapelle

Der Förderverein Hirzbacher Kapelle hat im November 2023 den Sonderpreis für sein herausragendes bürgerschaftliches Engagement auf kultureller Ebene erhalten. Der 1989 gegründete Verein hat es sich zum Ziel gesetzt, die Hirzbacher Marienkapelle zu einem lebendigen Kulturzentrum im Main-Kinzig-Kreis zu entwickeln. Die kulturellen Angebote finden seit mehr als 30 Jahren eine große Resonanz beim Publikum – weit über Hammersbach hinaus. Wir sprechen mit den Mitgliedern des Vorstandes.

Gerhard Alisch (Vorsitzender), Hartmut Schneider (Stellvertr. Vorsitzender) und Wilhelm Dietzel (Schatzmeister) bilden den geschäftsführenden Vorstand. Beisitzer im Vorstand sind Silvia Behnke, Christoph Neizert und Judith Schröter. Bei den Absprachen über das Programm und dessen Umsetzung sind alle beteiligt.

Die Hirzbacher Marienkapelle ist mehr als eintausend Jahre alt. Was ist das Besondere an diesem Ort?

Die romanische Kapelle ist der älteste erhaltene Sakralbau des alten Hanauer Landes. Sie hat nicht nur die Zerstörungen des 30-jährigen Krieges, sondern auch die jahrhundertelange bauliche Vernachlässigung überlebt.
Bis heute wissen wir nicht, weshalb dieser für die Maßstäbe des Mittelalters recht große Steinbau genau an dieser Stelle auf den Hirzbacher Höfen erbaut wurde. Vermutlich wussten aber die Erbauer, dass es sich hier um einen uralten Kultplatz handelt. Das können die Besucher heute noch spüren.
Für uns ist die Kapelle inmitten eines naturnahen Gartens mit Teichen und Skulpturen von Bruno Feger, mit Nistgelegenheiten für allerlei Vogelarten und in harmonischer Nachbarschaft zum Kapellenhof mit seinen Seminarräumen ein kleines Gesamtkunstwerk.

Sie haben die verfallene Kapelle vor mehr als 30 Jahren restauriert und zu einem Kulturzentrum ausgebaut. Dies war bestimmt ein großer Kraftakt?

Als der Verein 1989 daran ging, die baufällige Kapelle gemeinsam mit den Denkmalbehörden von Grund auf zu renovieren, wussten die Vereinsmitglieder nicht, was auf sie zukam. Es grenzt aus heutiger Sicht an ein Wunder, dass diese große Renovierung in nur wenigen Jahren durchgeführt werden konnte. Es kam immer wieder unerwartete Hilfe um die Ecke. So konnte Heinz Benker das Jugendsozialwerk anheuern, das mit einer Gruppe von Jugendlichen mit anpackte.

Es kamen immer wieder Spenden gerade dann, wenn die Kasse leer war. Einige Handwerker boten sehr lange Zahlungsziele an. Am Ende der Renovierungsarbeiten gab es ein großes Fest und den ersten Gottesdienst in der Kapelle seit 1840. Parallel dazu führte der Hanauer Geschichtsverein unter Leitung von Peter Jüngling archäologische Grabungen um die Kapelle herum durch, die zahlreiche aufschlussreiche Funde zum Vorschein brachten.

Was sind die Hauptanliegen Ihres Vereins?

Der Verein hat in erster Linie die Verantwortung, das für Hammersbach und die umliegende Region so bedeutende Kulturdenkmal baulich zu erhalten. Darüber hinaus verfolgt der Verein weitere Ziele wie die Bewahrung und Erschließung archäologischer Funde, die Unterstützung historischer Forschung sowie die sinnvolle Nutzung der Kapelle. Insbesondere soll die Kapelle als Veranstaltungsort für Konzerte, Ausstellungen, Theaterstücke und Lesungen dienen. In den letzten Jahren hat der Verein es sich zudem zur Aufgabe gemacht, unsere Kulturlandschaft und natürliche Lebensumwelt zu erhalten.

Sie nennen sich auch „Das kleine, regional Kulturzentrum“. Welche Bedeutung haben kulturelle Veranstaltungen im ländlichen Raum?

In den letzten Jahrzehnten haben sich die ländlichen Regionen dramatisch verändert. Die Landwirtschaft, die viele hundert Jahre für unsere Dörfer prägend war, hat sich grundlegend gewandelt, damit auch das Landschaftsbild und für viele Menschen ihre gesamten Lebensumstände. Man kann heute die verbliebenen landwirtschaftlichen Betriebe an einer Hand abzählen. Die meisten Berufstätigen sind zu Pendlern geworden. Gleichzeitig entstanden überall im Umland von Frankfurt Neubaugebiete, und vor 50 Jahren wurden die alten Dörfer im Rahmen der Gebietsreform zu Großgemeinden zusammengeschlossen, sodass die alten Dorfgemeinschaften auseinanderfielen. Das alles hat zu einer gewissen Entwurzelung geführt.

Umso wichtiger ist es, Fixpunkte kulturellen Lebens zu schaffen, die die Menschen in einem kreativen Kontext zusammenbringen. Die immer noch lebhafte Vereinskultur in Hammersbach schafft solche Fixpunkte. Unser Verein möchte vor allem kulturelle Impulse setzen. Dabei ist es uns gelungen, Künstler und Musiker für Auftritte in der Kapelle zu gewinnen, die man hier sonst nicht so leicht zu sehen und zu hören bekommt. Damit bieten wir unseren Gästen nicht nur besondere kulturelle Erlebnisse, sondern fördern auch die Künstler und Orchester, die hier auftreten. So leisten wir unseren Beitrag zu einer „neuen Landkultur“, wenn man das so anspruchsvoll formulieren darf.

Ihr Repertoire reicht von Weltmusik bis zu Klassik. Wie schaffen Sie es, ein so abwechslungsreiches Programm auf die Bühne zu bringen?

Christoph Neizert, Hartmut Schneider, Silvia Behnke, Gerhard Alisch, Wilhelm Dietzel (von links nach rechts)

Abwechslungsreiche Veranstaltungen bringen Leben in das alte Gemäuer. Harfe, Geige, Barockmusik, Jazz oder Weltmusik, Lesungen und Ausstellungen – für jeden Geschmack ist etwas dabei. Für Abwechslung ist auch dadurch gesorgt, dass wir über das Programm demokratisch abstimmen. Künstler aus der Region, und davon gibt es sehr viele hervorragende, standen ursprünglich im Mittelpunkt unserer Kulturveranstaltungen.

Inzwischen bekommen wir Anfragen für Auftritte aus benachbarten Bundesländern und sogar aus Österreich, der Schweiz und Spanien. Viele Musiker kennen sich von Festivals und es gibt wohl eine Art „Mundpropaganda“. Wer einmal da war, kommt gern wieder. Es gibt viele Anfragen, aber wir können nur eine begrenzte Anzahl von Veranstaltungen im Jahr absolvieren, schon deshalb, weil wir die Kapelle nur in der warmen Jahreszeit von Mai bis September nutzen können.

Entstehen auch manchmal persönliche Kontakte zu den Musikerinnen und Musikern?

Da wir alles selbst machen und weder Techniker noch Künstleragenturen haben, entstehen natürlich oft persönliche Kontakte zu den Künstlern, besonders zu denen, die schon seit vielen Jahren zu uns kommen. So wie das ganze Kapellenambiente ist auch das Verhältnis zu den hier auftretenden Künstlern ein sehr persönliches. Nicht selten sitzen Künstler und Veranstalter nach einem Konzert noch zusammen für ein Schwätzchen vor der Kapelle in der Nachmittagssonne.

Wofür wird die Kapelle noch genutzt?

Insbesondere dank des enormen Einsatzes von Peter Heinz finden seit Jahren Trauungen in der Kapelle statt – bis zu 50 im Jahr! Bei Brautpaaren ist der Ort ausgesprochen beliebt. Das Ambiente ist ja auch wirklich zauberhaft. Der perfekte Rahmen für eine romantische Hochzeit. Die daraus resultierenden Spenden erlauben uns erst, unser Kulturprogramm in diesem Umfang durchzuführen.

Obwohl die Kapelle nicht mehr kirchlich geweiht ist, findet jedes Jahr am Himmelfahrtstag ein Gottesdienst dreier Kirchengemeinden in der Kapelle statt. Ansonsten ist und bleibt die Kapelle ein Ort der Stille und der Einkehr, wie es sich für diesen besonderen Ort gehört.

Herzlichen Dank für dieses freundliche Gespräch!